Abstract:

In seinen Vorträgen zur Pädagogik 1919 bis 1924 entwickelt Rudolf Steiner systematisch den methodischen Weg einer individualisierenden Pädagogik; im zweiten Vortrag des ersten Lehrerkurses „Allgemeine Menschenkunde“ (GA 293) und des zeitlich daran direkt anschließenden Vortrags im „Methodisch-Didaktischen“ (GA 294) beschreibt er die grundlegenden Seelenkräfte der Sympathie und Antipathie und weist dabei die Lehrerpersönlichkeiten auf die Möglichkeiten hin, mit bewusster Selbstschulung sich dieser Kräfte systematisch zu „bedienen“, um das Rätsel des Kindes durch erziehenden Unterricht zu lösen. An diesen Gesichtspunkt des sich selbst erziehenden Lehrers appelliert er unter variierenden Gesichtspunkten immer wieder sehr eindrücklich; besonders bemerkenswert sind die Gedanken, die er 1922 in Oxford (GA 305) und 1923 in Dornach (GA 306) diesem Thema widmet; man erlebt einen systematischen Aufbau bis hin zu einer Art Gebet, wie Steiner es nennt, einer „Meditation“, welche die spirituelle Dimension des Erziehungsprozesses aufreißt. Im Vergleich zu den ersten grundlegenden Ausführungen 1919 wird dann fünf Jahre später im Heilpädagogischen Kurs besonders deutlich, dass Steiner hier nochmals eine Steigerung dieses Schulungsweges als Grundlage einer dezidiert „heilenden“ Erziehung vornimmt.