Abstract:

In seinem philosophischen Frühwerk kritisiert Steiner die Begrenzung des vorstellenden Bewusstseins. Er befragt die Leistungsfähigkeit des Denkens. Im Anschluss an seine Goetheforschungen legt er dar, dass das gewöhnliche Denken (Vorstellen) die Welterscheinungen jeweils nur spiegele, aber deren ontologischen Gehalt nicht zu erfassen vermag. Er betrachtet das Vorstellen als ein im Bewusstsein erscheinendes Endprodukt, das weder um seine eigenen Ursprünge noch um die subtileren geistigen Qualitäten der Erscheinungswelt weiß. Steiner geht es aber um eine Selbsterfassung des Denkens als Vollzug und Prozess. Was bei Goethe die anschauende Urteilskraft ist, das wird in der Introspektion Rudolf Steiners zur seelischen Beobachtung. Während sich die phänomenologische Methode Goethes der Erscheinungswelt zuwendet, entwickelt Steiner, vor allem in „Die Philosophie der Freiheit“, eine Bewusstseinsphänomenologie.